Altes Pastorat
Architekt des 1886 fertiggestellten Alten Pastorats war Ludger Wilhelm Rincklake (1851 – 1927) aus Münster. Der in Münster als Aloysius Wilhelmus Henricus Rincklake geborene deutsche Architekt trat 1896 in die Benediktinerabtei Maria Laach ein, nahm den Ordensnamen Ludger an und war danach ausschließlich für seinen Orden und andere kirchliche Auftraggeber tätig.
Er gehört zu den wichtigsten Vertretern der Neuromanik und der Neugotik in der Sakralarchitektur Westfalens.
In Oelde schuf er mit dem Alten Pastorat eine architektonische Perle, die in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts fast auf die Abbruchliste geriet.
„Der Wedemhof oder Pastorshof liegt von Wasser umgeben auf einer Insel. Wundervoll ist diese Besitzung, auf der seit Jahrhunderten die Oelder Pfarrherren residieren und von hier aus ihre Schafherde lenken und leiten.",
beschrieb Stadtchronist Xaver Westhoff den Besitz. Früher wurde der Pastors- oder Pfarrhof Wedemhof (Weihegut) genannt. In alten Zeiten bewirtschafteten die Pfarrherren ihren Hof selbst, sie waren im Nebenberuf, wie X. Westhoff anmerkte, „latinske Buern“. Zum Pfarrhof gehörten zahlreiche Ländereien, die im ganzen Kirchspiel verstreut lagen.
Das Pastorat entsteht
Anfang 1885 trat der neue Pfarrer Adolph Thier zum Berge sein Amt in Oelde an. Der Neubau des Pfarrhauses wurde sofort in Angriff genommen.
Im August 1886 war das Pastorat in seiner heutigen Form fertiggestellt. Architekt war Ludger Wilhelm Rincklake (1851 – 1927) aus Münster, der zu den wichtigsten Vertretern der Neuromanik und der Neugotik in der Sakralarchitektur Westfalens gehörte.
Blick in die alte Herrenstraße
In späteren Zeiten, als Ulidi bzw. Ulithi – so die ältesten Bezeichnungen von Oelde – stärker besiedelt wurde, gab das Pastorat Baugrundstücke gegen ein jährliches Sol- oder Grundgeld ab. So stammt auch der Grund und Boden der Pastorstraße, heute Herrenstraße, mit den beiderseitig anliegenden Hausgrundstücken aus dem Wedem- oder Pfarrhof.
Zurück zur alten Bestimmung
Die architektonische Perle wäre in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts fast auf die Abbruchliste geraten. 1960 wurde die Gräfte rings um das Pastorat aus verkehrstechnischen Gründen entfernt. Aus dem Wohnsitz der Oelder Pfarrherren auf der Pastorsinsel entwickelte sich ein Wohnhaus, für das man keine rechte Verwendung mehr fand, zumal unweit ein neues und modernes Pfarrhaus entstanden war.
Der Heimatverein verhinderte den Abbruch des alten Pastorats. Pfarrer Helmut Hortmann, der von 1976 bis 2003 in St. Johannes Oelde wirkte, hatte die Idee, das Pastorat mit einem Anbau zum Gemeindehaus, dem Paulusheim, zu erweitern. Das Paulusheim wurde 1980 als Pfarrheim eröffnet.
Rund 40 Jahre später wurde beschlossen, das Paulusheim und auch das Pfarrhaus abzureißen. Dort entstand das Von-Galen-Haus, ein neues Seniorenwohnheim, das im April 2022 in den Betrieb ging.
Das alte Pastorat, längst in die Denkmalliste der Stadt eingetragen, wird heute wieder von Seelsorgern der katholischen Seelsorgeeinheit St. Johannes bewohnt. Zudem befinden sich hier Räume für die Jugend- und Gruppenarbeit.